10. Februar 2006 3

vergessen – hiob 3,20-23

Warum schenkt er dem Elenden Licht und Leben denen, die verbittert sind? Sie warten auf den Tod, der nicht kommt, sie suchen ihn mehr als verborgene Schätze. Sie würden sich freuen über einen Hügel; fänden sie ein Grab, sie würden frohlocken. Wozu Licht für den Mann auf verborgenem Weg, den Gott von allen Seiten einschließt?
(Hiob 3,20-23 nach der Einheitsübersetzung)

Für unsere Freunde und Anhänger der historisch-kritischen methode ist die „Verfasserfrage“ immer besonders wichtig. Natürlich nicht nur für die, auch bibelgläubige Theologen fragen sich bei vielen Büchern, wer denn wohl der Verfasser war. Ich kann das besonders im Falle von Hiob nicht beantworten, aber ich bin sehr sicher, dass das Buch nur nach ihm benannt, und nicht von ihm geschrieben wurde.
Hiob selbst hat die Himmelsszene am Anfang des Buches offenbar nicht mitbekommen. Im dritten Kapitel zeigt er sich ganz als alttestamentlicher Gläubiger, der sein ganzes Leid darauf zurückführt, dass „Gott ihn von allen Seiten einschliesst“.

Vielleicht konnte er die Wahrheit nicht sehen weil sie (ihm) nicht offenbart war, vielleicht konnte er sie aber auch nicht sehen, weil er so tief im loch sass, dass er einfach nichts anderes sehen konnte, als die allereinfachste möglichkeit. man muss ja kein psychologe sein um zu wissen: wer im loch sitzt, kann nicht weit sehen. kurt tucholsky hat einmal gesagt: „ein Loch ist da, wo etwas anderes nicht ist“:“(ich meine, den hätte ich vor vielen Jahren in einer GEO-Ausgabe gelesen)“:. Richtig! Wenn wir in einem Loch sitzen ist vor allem eins oft nicht da: Erinnerung.
Und das ist es auch schon, was uns wieder einmal mit Hiob verbindet: in der Krise verlieren wir das Gefühl für Zusammenhänge. Auf einmal suchen wir Ursachen an der falschen Stelle („wenn ich eine Frau hätte, wäre alles anders.“ „Wenn ich einen anderen Mann hätte, würde es mir gut gehen“) und wir vergessen, was wir an Gutem gesehen und erlebt haben, verfluchen unseren (Geburts-)Tag (3,1) und können nicht sehen, dass es auch wieder aufwärts gehen kann.
Wir neigen zu Extremen, die uns gerade in der Krise gefährlich werden, wenn wir uns einreden, dass inklusive Gott alle gegen uns sind und dass sich nie mehr etwas ändern wird. Mach doch mal ein kleines Selbstexperiment und denke darüber nach, wieviele geistliche Wahrheiten die Du kennst, bei dir noch wirksam sind, wenn es dir schlecht geht. Sicher wird kaum jemand, der/die eine Weile mit Jesus unterwegs ist, gleich Gott verfluchen, wenn er/sie einen Schnupfen hat. Aber insgesamt sind es doch wenige Christen, die in allen Lagen den Frieden haben, der grösser ist als aller Verstand (Philipper 4,7).

Ich denke, dass es eine wichtige Wurzel gibt, die uns in schwierigen Umständen in Gott verankert: Dankbarkeit. Doch wie sagte schon Michael Ende: „Das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden“:“(irgendwo in der unendlichen Geschichte.)“:.

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3 Kommentare

  1. das tucholsky-zitat stammt aus Zur soziologischen Psychologie der Löcher. es empfiehlt sich die lektüre des gesamten essays, damit die bildung der storchleser nicht ausgerechnet beim loch eine lücke hat.

    ansonsten noch ein ernsterer gedanke zum loch des hiob und anderer. einerseits müssen wir vermeiden, wie hiobs freunde vom rand des loches, also von oben herab, fromme texte auf den armen zu werfen. andererseits müssen wir vermeiden, so zu ihm ins loch hinabzusteigen, dass auch uns nur noch (mit)leid, aber keine hoffnung mehr für ihn bleibt. als freund gleichzeitig im loch und außerhalb des loches zu sein, diese paradoxe aufgabe zeigt, wie schwer ein loch zu bewältigen ist.

  2. vielen dank für den zitatnachweis. die spannung der freunde ist gut beschrieben, sollte ich doch mal einen kommentar schreiben, werde ich diese gedanken sicher berücksichtigen!

  3. au ja, ein kommentar zu hiob! ich würd ihn kaufen 😉

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