Bis heute leiden wir unter der Ansicht Boethius’ das wir dem Leiden positiv gegenüberstehen sollten. Diese Theologie war für das Mittelalter sehr wichtig und prägt unsere Einstellung zu Krankheit und Heilung bis heute. Die Gesangs- und Gebetsbücher der Kirchen wind voll mit Beispielen dafür, dass wir angesichts Krankheit und Leiden eher kapitulieren als kämpfen. Selbst in der heutigen Zeit sind in Deutschland Ausnahmen von dieser Regel eher selten.
Die Ansicht, dass Gott Krankheit schickt um unseren Charakter zu bessern ist definitiv nicht biblisch, sie ist mittelalterlich.

Morton Kelsey zitiert zu dieser Theologie das book of common prayers:

Hear us, Almighty and most merciful God and Saviour; extend thy accustomed goodness to this thy servant who is grieved with sickness…Sanctify, we beseech thee, this fatherly correction to him; that the sense of his weakness may add strength to his faith, and seriousness to his repentance…

In der Fussnote auf Seite 11 führt er fort: „It is difficult to believe that this service is still found in all copies of the english „Book of Common Prayers“ and that the sixteenth-century views have not been officially changed…. “

Diese Sichtweise des Charakter Gottes ist für mich reine Blasphemie. Ich finde es ungeheuerlich, dass wiedergeborene Christen, die den Heiligen Geist haben und ihre Bibeln gelesen haben, dennoch ihrem liebenden Vater im Himmel zutrauen, ihnen die schlimmsten Krankheiten und Unglücke zu schicken um ihren Charakter zu verbessern.
Würden menschliche Eltern einige der Dinge tun, die wir Gott so ohne weiteres zu trauen würden ein Aufschrei der Entrüstung durchs Land gehen und sie ins Gefängnis kommen – und das völlig zu Recht. Aber dem Gott von dem wir wissen, dass er die Liebe ist trauen wir das zu.

Dennoch kann ich zum Teil wenigstens nachvollziehen, wie diese Entwicklung gelaufen ist. Nachdem die Kraft zum heilen immer mehr verebbte, musste man den Menschen natürlich etwas sagen können. Es ist der Kirche hoch anzurechnen, dass die Geistlichen Menschen begleiteten für die sie nichts tun konnten. So wird man im Laufe der Zeit zu Erklärungsmodellen gekommen sein, die es dem Kranken leicht machte, sich in sein Schicksal zu fügen. Boethius wird da hochwillkommen gewesen sein.
Der Schuss ging allerdings nach hinten los: kein Mensch kann von Worten allein leben und so suchten sich die Menschen andere, die ihnen helfen konnten. Statt mit den Ärzten zusammen zu arbeiten und gemeinsam sowohl im Natürlichen als auch im Übernatürlichen Lösungen für ihre Probleme zu suchen, zog sie sich immer mehr aus den Leben der Menschen zurück.

Heute höre ich viele Christen sagen, dass sie Menschen kennen, die durch eine schwere Krankheit entweder näher zu Gott gekommen sind oder überhaupt Gott kennen gelernt haben. Ich weiß, dass das stimmt. Es lässt aber nicht darauf schließen, dass Gott diese Krankheit verursacht hat. Unser Gott ist ein Meister der B-Pläne, wie Römer 8,28 zeigt:

Wir wissen, daß Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt, bei denen, die nach seinem ewigen Plan berufen sind;

Krankheit sollte nicht zur Verzweiflung führen sondern immer noch eine Möglichkeit darstellen, Gott auch in Schwäche zu begegnen und den Glauben zu stärken. Das heißt aber nicht, dass Gott eine Krankheit schickt.
Krankheit ist nicht von ihm und deshalb sollten wir ihr immer widerstehen!

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2 Kommentare

  1. Tja. Krankheit. Schicksalsschläge. Ausweglose Situationen. Danke für den Artikel. Für mich ist das zurzeit mehr eine seelsorgerliche Frage als eine theologische. Und auch eine ganz grundsätzliche. Ich hab in letzter Zeit ein paar mal zu oft gehört, dass „das alles schon seinen Sinn hat, auch wenn du es noch gar nicht merkst“. Da wird dann von Vision geredet und von Läuterung und all so was. Na prima.

  2. Amen, Bruder! 🙂

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