01. März 2008 1

den Preis bezahlen

Hier kommt mal wieder ein altes Handout. Ich werde bei den Überarbeitungen etwas nostalgisch, eigentlich ist es schade, dass wir dieses Medium nicht mehr produzieren und es keine Handoutkisten mehr gibt. Naja, heute geht es jedenfalls darum, den Preis zu bezahlen. Das Handout ist übrigens vom Januar 2003.

Den Preis bezahlen
In Lukas 14,28-30 erzählt Jesus eine peinliche Geschichte: ein Mann will einen Turm bauen. Ein passendes Baugrundstück ist schnell gefunden, ein Architekt ist zur Hand, und die Bauarbeiter legen los. Alles scheint gut zu laufen, aber bereits nach einer kurzen Zeit stellt der Mann fest, dass so ein Turm teurer ist, als er sich ursprünglich vorgestellt hat. Das Fundament ist gerade fertig und der Estrich kaum trocken, als ihm das Geld ausgeht. Die Arbeiter werden wieder entlassen, und vom Traum des Mannes bleibt nur ein Loch im Boden.
Peinlich, peinlich. Denn natürlich berichten die Zeitungen davon, und jeder kann sehen, dass der Mann sich verkalkuliert hat. Er, der sich eben noch als geachteter Turmbauer stolz vor dem Kamin seines Wohnzimmers stehen sah, ist nun zum Gespött geworden. Sein Beispiel geht herum, und schon die kleinen Kinder lernen: „überleg Dir genau, ob Du eine Sache bezahlen kannst. Sonst geht es Dir einmal wie dem Turmbauer.“

Jesus erzählt diese Geschichte nicht einfach nur so, sondern als Illustration für eine Predigt über Nachfolge. Die Pointe ist nicht etwa eine Warnung für Häuslebauer, sondern eine Ermahnung an Christen: „Kalkuliert gut, was es euch kosten wird, mir nachzufolgen.“
Man bekommt wirklich nichts geschenkt. Selbst das neue Leben, das Jesus uns gibt, kostet etwas, nämlich das alte Leben, das wir vorher hatten. Natürlich ist das ein so geringer Preis, dass es sich kaum lohnt, ihn zu erwähnen, aber es ist dennoch ein Preis, der bezahlt werden muss.

Eine Begebenheit, die dieses Prinzip schön veranschaulicht ist die Geschichte vom reichen Jüngling (Matthäus 19,16-22 | Markus 10,17-22 | Lukas 18,18-24).
Ein junger Mann kommt zu Jesus und fragt, was er tun muss, um in den Himmel zu kommen. Jesus fragt ihn, ob er die Gebote Gottes kennt und danach lebt. Der junge Mann ist erleichtert: „Ja, ich halte die Gebote seit meiner Kindheit.“
Dann sagt Jesus ihm das, was wirklich nötig ist, um in das Reich Gottes zu kommen: „Verkauf all deinen Reichtum, schenk das Geld den Armen und folge mir nach!“ Zuerst hatte alles so gut geklungen und jetzt das! Alles verkaufen, was er hatte und Jesus nachfolgen?! Das war zuviel verlangt, denn der junge Mann war sehr reich. Traurig geht er von dem Gespräch mit Jesus fort, worauf Jesus seinen Jüngern einige sehr nachdenkliche Worte.

Wohlgemerkt: Gott ist nicht gegen Wohlstand. Das Problem war hier nicht, dass der junge Mann zu reich war, um in Gottes Reich zu kommen, es gab damals wie heute reiche Menschen in der Nachfolge Jesu.
Das Problem war das geteilte Herz: der junge Mann wäre Jesus schon gerne nachgefolgt, er hätte bloß immer wieder mal nach seinen Besitztümern sehen wollen. Statt ganz bei der Sache zu sein und Jesus mit allen nachzufolgen, was er war und hatte, hätte er immer mal wieder zurückschauen und auf sein Geld achten müssen. Das war natürlich im Gefolge eines Wanderpredigers ein Unding. Der reiche Jüngling hätte keine Zeit gehabt, immer wieder mal die Missionsreisen für Bankgeschäfte zu unterbrechen, und es wäre abzusehen gewesen, dass er mit dem Herzen nie so ganz bei der Sache Jesu gewesen wäre.
„Die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen“ (1.Timotheus 6,10 nach der Elberfelder Übersetzung) und damit natürlich für viele ein Fallstrick auf dem Weg mit Jesus. Wenn Du vor der Entscheidung stehst, entweder Deine Aktienpakete oder Jesus aufzugeben, nimm die Aktienpakete. Man sieht ja ohnehin, wie unsicher die Börse dieser Tage ist…

Was einer aufgeben muss, um Jesus konsequent nachfolgen zu können, ist sicher ganz individuell, aber es gibt einen Preis, den jeder bezahlen muss, der Gott erleben und Erweckung sehen will: Selbstverleugnung.

Selbstverleugnung

Und er rief das Volk samt seinen Jüngern zu sich und sprach zu ihnen: Wer mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach! –Markus 8,34

Was hat es mit der Selbstverleugnung auf sich, von der Jesus hier redet? Ist es Selbstverleugnung, wenn man einen falschen Namen angibt oder andere darüber belügt, wer man wirklich ist? So etwas kommt natürlich häufig vor. Vielen ist es peinlich, anderen zu zeigen, wie sie wirklich sind, und manchmal ist es sicherer zu lügen.
Nehmen wir zum Beispiel einmal die Geschichte vom Verrat des Petrus (Mat 26,58-75 | Mar 14,54-72 | Luk 22,54-62 | Joh 18,15-27). Das ist wahrscheinlich eine der berühmtesten im Neuen Testament überhaupt, trotzdem möchte ich sie hier einmal mehr erzählen.
Als Jesus nach seiner Gefangennahme verhört wurde, sah Petrus von weitem zu. Es kam, wie es kommen musste, und er wurde erkannt als einer, der mit Jesus herumgezogen war. Diese Nacht wurde eine der schlimmsten Nächte im Leben des Petrus, denn er, der die Klappe immer so weit aufgerissen hatte, stritt dreimal ab, Jesus überhaupt zu kennen. Früher war er immer so mutig gewesen, und jetzt rutschte ihm das Herz in die Hose, als eine Magd ihm auf den Kopf zusagte, dass er einer der Jünger des Herrn war.
Was immer wieder übersehen wird, ist, dass Petrus nicht nur abstritt, Jesus überhaupt zu kennen, er log damit auch über sich selber. Er leugnete ab, ein Jünger Jesu gewesen zu sein.

Das ist aber nicht die Selbstverleugnung, von der Jesus redet, sondern eher das genaue Gegenteil.
Petrus hat über seine Identität gelogen, um für sich einen Vorteil zu schaffen. Er hatte Angst, dass man ihn auch verhaften und töten würde, wenn er sich als Jünger Jesu outen würde. Die Selbstverleugnung, von der Jesus redete, bedeutet aber, seine rechtmäßigen Bedürfnisse zu verleugnen, um damit anderen einen Vorteil zu verschaffen.

Drehen wir die Uhr ein paar Stunden zurück und sehen uns einmal die Verhaftung Jesu etwas genauer an.
Als die Knechte des Hohenpriesters und die Soldaten Jesus im Garten Gethsemane gefangen nehmen wollten, war Petrus noch der mutige und aufbrausende Mensch, der er eben war. Beherzt nahm er sein Schwert und stürzte sich der Übermacht entgegen, um seinen Herrn zu verteidigen. Zum Glück war er mit dem Schwert nicht besonders geschickt, so war der Schaden gering. Statt jemanden zu töten, amputierte er nur Malchus, einem der Soldaten, ein Ohr.

Da sprach Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn alle, die das Schwert ergreifen, werden durch das Schwert umkommen. Oder meinst du, ich könnte nicht meinen Vater bitten, und er würde mir noch jetzt mehr als zwölf Legionen Engel schicken? – Matthäus 26,52-53

Petrus´ Widerstand hätte ohnehin nichts genutzt, gegen die Übermacht der Soldaten wäre er hilflos gewesen. Aber es wäre auch gar nicht nötig gewesen. Jesus hätte leicht eine eigene Streitmacht bestellen können. Eine Legion umfasste zu der Zeit 6000 Fußsoldaten und etwa 600 Berittene, zusammen also immer 72 900 Engel. Das sollte wohl ausreichen, um das Blatt zu wenden!
Tatsache war aber, dass Jesus auf diese Armee verzichtet hat. Er hätte das Recht gehabt, sich zu verteidigen und weiterzuleben, und er hätte dieses Recht sicherlich gerne ausgenutzt. Aber er tat es nicht, weil er wusste, dass es dem Willen Gottes widersprochen hätte.

Das ist Selbstverleugnung: den eigenen Willen, das eigene Bedürfnis hintenan zu stellen und von den Möglichkeiten, die man hat, keinen Gebrauch zu machen, um anderen zu helfen.

Eine solche Denkweise widerspricht natürlich allem, was man sonst so hört und lernt. Die Welt lehrt uns, dass man sich selbst verwirklichen soll und immer auf seinen Vorteil sehen soll. Wenn man schon Recht hat, soll man es ausnutzen.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir das Recht haben, unseren Bedürfnissen und Vorlieben gemäß zu leben, aber ich glaube auch von ganzen Herzen daran, dass unsere Welt menschlicher wird, wenn wir manchmal auf unser Recht verzichten. So ist es zum Beispiel das gute Recht eines jeden Christen, den Gottesdienst seiner Wahl zu besuchen und nachher mit seinen besten Freunden bei einem Kaffee oder einem Bier (je nachdem was für eine Gemeinde man besucht) über die Predigt zu reden. Aber auf der anderen Seite wären unsere Gemeinden menschlicher, wenn wir gelegentlich von diesem Recht keinen Gebrauch machen und stattdessen mit Menschen am Rand der Gemeinde reden würden.
Genau da fängt die Selbstverleugnung an, wenn man etwas Jesusmäßiges tut, was einem auf den ersten Blick überhaupt nicht liegt und vielleicht sogar ein richtiges Opfer ist.

Wenn man die Bibel liest, findet man viele Aufforderungen, seine Bequemlichkeit zu vergessen und Opfer zu bringen:

Ihr habt gehört, dass gesagt ist: «Auge um Auge und Zahn um Zahn!» Ich aber sage euch: Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen; sondern wenn dich jemand auf deinen rechten Backen schlägt, so biete ihm auch den andern dar; und wer mit dir rechten und deinen Rock nehmen will, dem lass auch den Mantel; und wenn dich jemand eine Meile weit zu gehen nötigt, so gehe mit ihm zwei. – Matthäus 5,38-41

Bevor Du weiter liest, nimm Dir bitte ein wenig Zeit und überlege, wo es sinnvoll wäre, auf Dein Recht zu verzichten und Dich selbst zu verleugnen. In welchen Bereichen könnte das Reich Gottes besser gebaut werden, wenn Du in Deinen Bedürfnissen etwas zurücksteckst?
Nimm am besten einen Stift zur Hand und schreib diese Bereiche auf. (Nicht auf den Bildschirm schreiben!)
Vielleicht stellst Du fest, dass Dich Gott in einem Bereich herausfordert oder gebrauchen will, den Du Dir gar nicht vorstellen kannst. Dann bete einfach und bitte Gott um die Kraft, die Du brauchst.

Opfer und Wiedergutmachung
Natürlich laden solche Handouts zu Extremen geradezu ein. Ich weiß auch nicht woran es liegt, aber Christen scheinen immer nur das eine oder das andere zu sein. Die einen verleugnen sich so stark, dass sie ihre Bedürfnisse darüber vollkommen vergessen; den anderen sind die Menschen um sich herum vollkommen gleichgültig und sie sehen nur sich selbst.

Beide Extreme führen zu nichts Gutem, denn Gott denkt nicht in Extremen. (Wenn nötig, diesen Satz 100 mal abschreiben!). Es gibt immer wieder Christen, denen eigene Wünsche sehr gefährlich vorkommen. Sie denken, dass alles, was sie gut finden oder ihnen gut tut, schlecht ist. Als Folge leben sie entgegen dem, was Gott selbst in sie hineingelegt hat und werden bitter. Sie drehen sich nur noch um andere, und ihr Leben hat irgendwann gar keine Qualität mehr. Das ist nicht Selbstverleugnung sondern Selbstaufgabe.
Um sich selbst verleugnen zu können, muss man natürlich zuerst einmal überhaupt seine Bedürfnisse und Neigungen kennen und respektieren.
Aber auch der Weg der ständigen konsequenten Selbstverwirklichung ist schlecht, denn wer Gott erleben will, muss schon manchmal ein Opfer bringen und seine Bequemlichkeit hinter sich lassen.
Ein guter Mittelweg scheint es mir zu sein, auf Zeiten der Selbstverleugnung und Opfer immer wieder Zeiten der Wiedergutmachung folgen zu lassen. Auch Jesus hat nicht immer nur das getan, was gegen seine Wünsche ging, sondern hatte immer wieder Zeiten, in denen er sich von den Opfern erholt hat.

Ein schönes Beispiel findet sich in Matthäus 14: Johannes der Täufer, einer von Jesu besten Freunden, war hingerichtet worden. Als Jesus davon hörte, schlug eine Woge des Schmerzes über ihm zusammen und er hatte nur noch einen Wunsch: sich zurückziehen und alleine mit seinen Jüngern um den toten Freund trauern. Jesus hätte dieses Bedürfnis natürlich als Anfechtung abtun können und statt sich zurückzuziehen einfach weiterpredigen können. Viele von uns hätten das getan. Aber Jesus hörte auf sein Bedürfnis und zog sich an einen einsamen Ort zurück, um zu trauern.
Da passierte das, was immer geschah, wenn Jesus irgendwo auftauchte. Es sprach sich herum und am Nachmittag war der Ort überhaupt nicht mehr einsam, sondern mit etwa 20.000 Menschen überfüllt. Was sollte Jesus tun?
Es gab zwei Möglichkeiten: entweder die Menschen wieder wegschicken und sein Recht auf Trauer durchdrücken, oder aber sich selbst verleugnen und ein Opfer bringen. Jesus brachte ein Opfer. Bis in die Dunkelheit hinein diente er den Menschen und heilte ihre Kranken.
Bis hierher ist es Selbstverleugnung, aber als Jesus mit seinem Dienst fertig war, nötigte er seine Jünger, in das Schiff zu steigen und vor ihm ans jenseitige Ufer zu fahren, bis er die Volksmenge entlassen hätte. Und nachdem er die Menge entlassen, stieg er auf den Berg, um abseits zu beten; und als es Abend geworden, war er allein daselbst.– Matthäus 14,22-23.
Hier geschieht Wiedergutmachung: Jesus holt seine aufgeschobene Trauer nach.
Ich bemühe mich, auf Zeiten des Opfers immer wieder solche Zeiten folgen zu lassen, in denen ich mich um meine eigenen Bedürfnisse drehe. Wir müssen als Christen lernen, zu einer Ausgewogenheit zu kommen. Mir liegt es beispielsweise nicht, tiefe seelsorgerliche Gespräche zu führen. Ideal wäre es für mich zu predigen, danach noch etwas small talk und nach Hause. Aber Jesus hat mir gezeigt, dass es an dieser Stelle besser ist, auch mal ein Opfer zu bringen, und so bemühe ich mich nach jedem Gottesdienst ein tiefes Gespräch zu führen. Ein Gespräch überfordert mich nicht, wenn aber doch, sage ich es.

Auf der letzten Seite hast Du schon einige Bereiche aufgeschrieben, in denen Selbstverleugnung angebracht wäre. Lies diese Liste noch einmal durch und überlege Dir, wie Du mit diesen Punkten so umgehen kannst, dass Du zwar herausgefordert, aber nicht überfordert bist. Benutze ruhig auch wieder einen Stift dafür.

Und schließlich: setze das, was Du Dir überlegt hast, auch um.

Gottes Segen dabei!

Impressum etc.
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Verantwortlich für den Inhalt: Storch. Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
 Bibelzitate nach der 1951er Schlachterübersetzung
 Mehr Theologie der Jesus Freaks Remscheid im Internet: www.theologie.jfrs.de
 Zu diesem Handout gibt es eine Predigtkassette. Auch als mp3 im Internet.

Jesus Freaks Remscheid – your local underground church

[eine Audiopredigt dazu]
[Handout als .pdf]

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Ein Kommentar

  1. Wenn Du vor der Entscheidung stehst, entweder Deine Aktienpakete oder Jesus aufzugeben, nimm die Aktienpakete.

    Den Satz kann man falsch verstehen, finde ich. „Nimm die Aktienpakete“, d.h. gib‘ Jesus auf?!

    Zum Thema Reichtum bin ich der Meinung, dass es besser für jeden von uns ist, wenn er ihn nicht hat. Und wenn wir nach Reichtum streben findet Gott das auf alle Fälle nicht so toll.

    Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, satt sein und hungern, beides, Überfluss haben und Mangel leiden; ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.
    (Phil. 4,12-13)

    Wenn wir Gott im Herzen haben, dann können wir mit jeder Lebenssituation klar kommen. Gott befähigt uns dazu.

    Und die Selbstverleugnung ist zwar anstrengend, aber die Belohnung dafür ist mit nichts zu vergleichen. Denn nichts kommt an das heran, was Gott für uns vorgesehen hat. Neues Leben heißt schon auch Selbstaufgabe. Wir haben das alte Leben abgelegt, wir sind mit Christus am Kreuz gestorben. Ab sofort leben wir für Gott und darin liegt auch ein erfülltes Leben. Wer mit Gott Frieden geschlossen hat, der wird nie mehr (geistigen) Hunger haben.

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