Gott segnet mich nicht, weil ich einen Deut besser wäre als ihr, ich bin der Geringste unter euch, ich bin der Elendste unter den Sündern, aber eines habe ich, den Willen, dem lebendigen Gott radikal zu dienen. Ich habe auch keine Sondererkenntnis, nur die Heilige Schrift. Wie viele Brüder gehen zugrunde, weil jeder Einzelne irgendetwas für sich reserviert, der eine seine Ehre: „Habe ich nicht schön geredet?“ Natürlich, wunderbar. Ja, der Teufel hat ihn schon fertiggemacht, er ist schon abgemurkst. Der andere: Geistestaufe, Geistestaufe, Geistestaufe! So weit wird sie gezogen am Leibe Jesu Christi, dass alles andere vergessen wird. Der Dritte: Taufe, Taufe, Taufe. Taufe und noch einmal Taufe, und er reitet auf der Taufe herum und reitet alle anderen hinaus, nur wegen seiner Taufe. Natür­lich anerkenne ich die Taufe, natürlich anerkenne ich die Geistestaufe, natürlich anerkenne ich alle Gaben des Heiligen Geistes, aber ich habe doch kein Recht, sie derartig zu vergewaltigen und aile anderen Werte zurückzudrängen. Der Vierte schreit nur: Buße, Buße, Buße, hinten Buße, vorn Buße, oben Buße, unten Buße, nur Buße, und er vergisst vollständig, dass die Bibel auch Freude kennt. Darum freuet euch in dem Herrn!
Oh Gotteskinder, nur das ganze Evangelium kann uns frei machen, ein Baum ohne Rinde stirbt, ein Baum ohne Wurzeln stirbt, ein Baum ohne Äste stirbt, ein Baum ohne Blätter stirbt. Wenn dein  Bruder das Blatt ist und du bist die Wurzel, dann bleibe Wurzel und  lasse das Blatt Blatt sein. Darum segnet der Herr nicht, weil wir engstirnige, gewalttätige Brüder sind. – Hermann Zaiss1

Ich war überrascht darüber, so etwas von Hermann Zaiss zu lesen. Warum eigentlich? Eigentlich passt es sehr gut zu ihm, aber das wusste ich nicht. Es kommt oft vor, dass ein großer Prediger alles tut um sein Erfolgsrezept unter die Leute zu bringen. Die meisten haben ihre Punkte, die nur sie richtig machen und alle anderen nicht. Zaiss war Zeit seines Lebens von einem Misstrauen gegenüber Konfessionalismus beseelt. Er passt ihn kein Schema hinein, bediente sich aus verschiedenen Quellen, ließ sich aber von niemandem vereinnahmen.

Mir gefällt das sehr gut, weil ich selber keinen großen Sinn im Konfessionalismus sehe. In manchem bin ich Pfingstler, in anderem überzeugen die Katholiken mehr und einen dritten Punkt lerne ich am besten in der Heilsarmee. HaSo schrieb einmal über meine „midasartige Fähigkeit jeden Gedanken, den ich berühre zu Gold werden zu lassen“.2 Ein anderer nannte es „integrative Theologie“, also eine Theologie, der nicht an Abgrenzung sondern an Befruchtung gelegen ist.
Genauso stelle ich mir das vor, denn Gottes Reich ist immer größer als die Konfessionen zu denen wir gehören. Dem Christentum ist viel Schaden dadurch entstanden, dass wir uns mehr selbst bekämpfen als Christi Auftrag auszuführen, die Nationen zu Jüngern zu machen.
Ich halte es für einen wichtigen Schritt nicht mehr die eigene Erfahrung zum Maßstab aller Dinge zu erheben und alles und jeden immer reformieren zu wollen. Oft entsteht eher eine Deformation als eine Reformation daraus. Gegenseitiger Respekt ist genauso wichtig wie sich selbst nicht ständig zu wichtig zu nehmen.

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  1. Peter Schneider: Lahme tanzen unter der Kanzel, Seite 74 []
  2. Quelle []

3 Kommentare

  1. Ja absolut! Gott möge jedem seiner Kinder die Augen dafür öffnen!

  2. Wir fahren gleich los.
    Bis heute Abend dann.
    Kuchen – mini pizzen & mini hot dogs sind bereits im Wagen verstaut …
    Remscheid wir kommen …
    *world wide pizza is in your land*
    Björne (:

  3. woow – starke Rede! AMEN.

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