18. Mai 2009 1

wozu ist das Gesetz da?

[de]

Nachdem ich schon einige Zeit über Sünde gepredigt und gebloggt habe, häufen sich natürlich die Fragen, was Sünde überhaupt ist. Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten und ich hielt das zu Anfang auch gar nicht für nötig, weil ich darauf vertraut habe (und das auch noch tue), dass Gott zu uns spricht, wenn wir sein Wort hören oder lesen, und uns etwas zeigen wird. Jetzt ist es aber soweit, dass ich mit der Antwort auf die Frage loslege. Das ist nicht in einer Predigt zu schaffen, denn Sünde ist ein vielschichtiger Begriff dem man sich von verschiedenen Seiten nähern muss.

Heute geht es um die Beziehung zwischen Sünde und dem Gesetz des AT. Ich weiß, das klingt nicht nach einem spannenden Thema, aber ich hoffe, dass wir am Ende besser verstehen, was es mit „dem Gesetz“ auf sich hat und es mehr wertschätzen können als wir das gewöhnlich tun.

Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben
13 – denn bis zum Gesetz war Sünde in der Welt; Sünde aber wird nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz ist.
14 Aber der Tod herrschte von Adam bis auf Mose selbst über die, welche nicht gesündigt hatten in der Gleichheit der Übertretung Adams, der ein Bild des Zukünftigen ist. (Römer 5,12-14 nach der Elberfelder)

Das ist ganz schön schwer zu verstehen, deswegen kommen dieselben Verse jetzt noch mal in der Übersetzung von Manfred Roth, einem schweizer Pastor, der eine schöne erklärende Übersetzung veröffentlicht hat:

Folgende Analogie erklärt es: So wie durch einen Menschen die Sünde Eingang in die Welt gefunden hat und durch die Sünde der Tod, ebenso ist auch der Tod zu allen Menschen hindurch gedrungen und ist also über alle gekommen, die gesündigt hatten.
Denn bis das Gesetz kam, war zwar bereits die Sünde in der Welt, aber Sünde wird nicht als solche angerechnet, solange kein Gesetz da ist, das sie verbietet.
Dennoch führte der Tod sein königliches Regime in der Zeit von Adam bis Mose auch über diejenigen, die nicht in der selben ursächlichen Weise gesündigt hatten wie Adam. Wir sehen hier beispielhaft die weit reichende Konsequenz der Handlung eines Menschen.1

Es gab also schon Sünde bevor es das Gesetz gab. Es ist sehr wichtig das fest zu stellen, weil Sünde oft als Übertretung des Gesetzes definiert wird. Das ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Auch vor dem Gesetz gab es Sünde. Paulus macht hier sogar ganz deutlich darauf aufmerksam, dass unter den Konsequenzen der Sünde eben auch diejenigen zu leiden hatten, die anders als Adam kein Gebot übertreten hatten. Sünde existiert also unabhängig von Gottes Geboten.
Das wird einige überraschen und die Frage aufwerfen, warum das Gesetz dann gegeben wurde. Die Antwort ist zweiteilig.

1) Das Gesetz offenbart Sünde

das Gesetz hat in diesem Bereich etwas Hochwichtiges geleistet: es hat dem Menschen gezeigt, was ihm den Tod bringt und ihn zerstört. Das Gesetz ist an sich etwas Sinnvolles und sehr gnädiges, denn es zeigt Gottes Interesse an den Menschen. Ohne das Gesetz war es schwer zu erkennen, was Gottes Wille in bestimmten Bereichen ist. Deswegen hat Gott das im Alten Testament klar gemacht.
Man muss das Gesetz als ein Dokument der Gnade lesen, in dem ein liebender Gott seinen Kindern gezeigt hat, was schlecht für sie ist. Insofern ist das Gesetz ein moralischer Lehrer, aber mehr als das ist es ein Leitfaden für ein gutes Leben. Deswegen heißt es in den Sprüchen:

Als ich noch ein Sohn war bei meinem Vater, zart und einzig war vor meiner Mutter, 4 da unterwies er mich und sprach zu mir: Dein Herz halte meine Worte fest! Beachte meine Gebote und lebe! (Sprüche 4,3 nach der Elberfelder)

Während des ganzen Mittelalters gab es das Problem der Pest. Selbst heute gibt es noch gelegentliche Fälle, aber die Hochphase dieser hoch ansteckenden und meist tödlichen Krankheit ist vorbei.

Das italienische Volk kannte die Pest als uralten Feind, der zeitweise vertrieben, doch niemals besiegt wurde. Bei der schlimmsten Heimsuchung in den Jahren 1346-1349 hatte sie 25 Millionen Tote gefordert – ungefähr ein Drittel der Bevölkerung von Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten.2

In England wurde zwischen 1500 und 1520 sogar ein Bevölkerungsrückgang, verursacht durch die Pest, von 60% festgestellt!. Dabei konnte man auch zu der Zeit etwas gegen die Verbreitung dieser Krankheit tun: Hygiene stoppt die Epidemie, weil die Erreger vor allem durch Ratten verbreitet werden. Quarantäne ist ein weiterer wirksamer Schutz gegen die Verbreitung.
Gottes Gesetz brachte Klarheit darüber, was den Menschen zerstört. Es zeigte ihm seine Gefahrenpotentiale und half ihm so die Krankheit unter Kontrolle zu halten bis endlich in Christus das Gegenmittel zur Verfügung stand.

2) Das Gesetz fügt der Sünde die Schuld hinzu

Es ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass nichts gestraft werden kann, was nicht verboten ist. An diesen Grundsatz hält sich auch die Bibel – eventuell hat sie ihn sogar eingeführt. Sünde konnte niemandem zur Last gelegt werden, so lange es keinen klaren Maßstab gab. Die Menschen litten zwar unter den unmittelbaren Konsequenzen der Sünde, aber mit ihren Taten kam keine Schuld. Kein Richter hätte sie schuldig sprechen können.

In Deutschland gibt es das BeTäubungsMittelGesetz (BTMG), das den Handel, Besitz und Konsum von Substanzen regelt. Interessanterweise ist Heroin nach diesem Gesetz erst 1971 verboten worden.
Bis 1958 wurde es noch von Bayer verkauft. Auch vor dem endgültigen Verbot gab es Drogentote und Süchtige. Die Substanz brachte den Tod also auch bevor sie verboten war; obwohl sie so gefährlich war konnte der Konsum und nicht mal der Verkauf bestraft werden. Erst das Gesetz fügte die Illegalität hinzu.
In derselben Weise fügt Gottes Gesetz dem Sündigen eine Schuldkomponente hinzu. Man konnte nicht mehr sagen, dass man es nicht wusste und war nun vor Gott und menschlichen Gerichten Rechenschaftspflichtig.

3) Wo bist Du Mensch?

Ich möchte noch auf eine ermutigende Komponente eingehen. Nachdem Adam und Eva sich an dem einzigen Gebot versündigt hatten, dass es gab, stellte Gott eine Frage. Es ist die erste Frage, die Gott je gestellt hat. Adam hatte sich vor ihm versteckt und Gott rief in den Garten hinein:

Und Gott, der HERR, rief den Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du? (1.Mose 3,9 nach der Elberfelder)

Die Frage bedeutet nicht, dass Gott es nicht wusste. Er weiß alles. Es war eine Frage, die dem Menschen seinen Zustand zeigen sollte. Er hatte sich von Gott entfernt. Die Beziehung war zerbrochen und er stand allein im Wald. Sünde zerstört die intime Beziehung zu Gott in der wir eigentlich leben sollten.
Noch heute stellt Gott jedem die Frage, der in Sünde tot und verloren ist. Wo bist Du heute? Es ist eine Frage, die bis zum Ende der Bibel immer wieder gestellt wurde:

Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und mit ihm essen, und er mit mir. (Offenbarung 3,20 nach der Elberfelder)

Das Hauptproblem ist, dass die Beziehung zu Gott gestört ist. Die gute Nachricht ist, dass Gott vor der Tür steht und in den Wald hineinruft. Wenn wir ehrlich zugeben, dass wir falsch liegen und Gott die Tür öffnen, wird er in unser Leben kommen.

[hier gibt es noch eine sehr schöne chassidische Geschichte zu dieser Bibelstelle. Unbedingt nachlesen!]

[hier gibt es eine audio-Predigt zu diesem Post]

[/de]

[en]

Having already preached and blogged a lot about sin, questions become more frequent about what sin actually is. It isn’t very easy to answer this question and I didn’t ever bother about it first, because I have trusted (and still do), that God speaks to us when we listen to his Word or read it, and that he will show us something. But now it is time to answer the question. That can’t be accomplished within one sermon because sin is a very complex term which you have to approach from different points of view.

Today we talk about the relationship between sin and the Law in the Old Testament. I know this doesn’t sound like a very exciting topic, but I hope that in the end it will help us to understand better what it is about “the Law” so we can value it even more than we usually do.

12 Therefore, just as sin entered the world through one man, and death through sin, and in this way death came to all men, because all sinned-13 for before the law was given, sin was in the world. But sin is not taken into account when there is no law. 14 Nevertheless, death reigned from the time of Adam to the time of Moses, even over those who did not sin by breaking a command, as did Adam, who was a pattern of the one to come. (Romans 5, 12-14, NIV)

This is very hard to understand; therefore I will quote the same verses again from the translation of Manfred Roth, a Swiss pastor, who has published a very nice descriptive translation:

The following analogy will explain it: As through one man sin has found entrance to the world and through sin Death, also Death came through and over all men, who have sinned.
Then until the Law came, though sin was already in the world, sin isn’t taken into account as such, as long as there is no law which forbids it.
However Death still keeps his kingly rein in the time from Adam to Moses, also over those who hadn’t sinned in such a causal way like Adam. We see here in an exemplary way the extensive consequences of the activity of a single human.

So sin already existed before the Law. It is very important to declare this because sin often is declared as trespass of the Law. That’s not completely wrong but also not completely right. Sin also existed before the Law. Paul clearly points out here, that those also had to suffer under the consequences of sin who – unlike Adam – hadn’t trespassed any commandment. So sin exists independently from God’s commandments.
This will surprise some, and will raise the question why the Law was given then. The answer is split.

1) The Law reveals sin
The Law has accomplished something very important in this area: it has shown humans what brings them death and what destroys them. The Law itself is something reasonable and merciful because it shows God’s concern about humans. Without the Law it would be hard to recognise what God’s will is in certain areas. Therefore God has made this clear in the Old Testament.
You have to read the Law as a document of mercy where a loving God has shown his children what isn’t good for them. In that the Law is a moral teacher, but more than that it is a guideline for a good life. Therefore Proverbs say:

3 When I was a boy in my father’s house, still tender, and an only child of my mother, 4 he taught me and said, Lay hold of my words with all your heart; keep my commands and you will live. (Proverbs 4,3.4, NIV)

There was the problem with the plague throughout medieval times. Even today there are incidental cases, but the peak of this highly contagious and mostly deadly disease is over.
The Italian nation knew the plague as an age-old enemy, who at times was displaced, but never defeated. At the worst visitation in the years from 1346 to 1349 it claimed 25 million lives – approximately one third of the population of Europe, North Africa and the Middle East.
In England between 1500 and 1520 it has been found that there was a decline in population of 60% caused by the plague. Though even at this time there was a way to do something against the spread of this disease: hygiene stops the epidemic because agents are spread especially through rats. Quarantine is another effective protection against the spread. God’s Law brought clarity about what is destroying humans. It showed him its exposure and thus helped him to keep the disease under control until finally there was the antidote available in Christ.

2) The Law adds guilt to Sin
It is a common legal principle: that can’t be judged which isn’t prohibited. Also the bible stays with this principle – possibly it has even introduced it. Sin couldn’t be accused of someone as long as there was no clear measure. People were suffering directly from the consequences of sin, but guilt didn’t come along with their actions. No judge could have found them guilty.

In Germany there is the Narcotics Act, which controls the trade, possession and consumption of substances. Interestingly heroin was not prohibited by the law until 1971.
Until 1958 it was sold by Bayer. Also before the final ban there were drug addicts. The substance also brought death before it was prohibited; although it was so dangerous neither the use nor the selling of it could be judged.
Only the Law added the illegality.
In the same manner God’s law is adding a component of guilt to sinning. You could no longer say that you didn’t know it, and you were now accountable before God and human courts.

3) Where are you man?
I want to look into an encouraging component. After Adam and Eve had sinned against the only existing command, God asked them one question. It is the first question God had ever asked. Adam hid himself from God and God called into the garden:

But the LORD God called to the man, Where are you? (Genesis 3, 9 New International Version)

This question doesn’t mean that God didn’t know the answer. He knows everything. It was a question designed to show the man his condition. He had veered away from God. The relationship was broken and he was on his own now. Sin destroys the intimate relationship to God in which we should live in.
Even nowadays God still asks this question of everybody who is in death and lost in sin. “Where are you today?” It is a question which was asked to the end in the Bible:

Here I am! I stand at the door and knock. If anyone hears my voice and opens the door, I will come in and eat with him, and he with me. (Revelation 3, 20 New International Version)

The main problem is that our relationship with God is faulty. The good news is that God is standing in front of the door and calling to you. If we honestly admit that we are mistaken, and then open the door to God, he will surely come into our life.

Translation sponsored by: http://www.domame.de

[/en]

Be Sociable, Share!
  1. Roth, Manfred (2006): Rörmerbrief bis Offenbarung: Eine erklärende Uebersetzung: ZOE / edition epitage. Seite 10 []
  2. Sobel, Dava; Schaden, Barbara (1999): Galileos Tochter. Eine Geschichte von der Wissenschaft, den Sternen und der Liebe. Berlin: Berlin Verl, S. 217 []

Ein Pingback

  1. […] (wie auch das siebte) Kapitel ganz “neu” zu lesen, weil ich neulich noch über Römer 5 gepredigt habe. Somit ist es möglich, dass ich dieses Kapitel anders gelesen habe als die anderen und es so […]

Schreibe einen Kommentar

Diese HTML-Tags und Attribute sind erlaubt: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>