Das dritte Kapitel des Römerbriefes dreht sich um die Frage, ob die Juden einen Vorteil hätten gegenüber den Nicht-Juden (oder Heiden, Griechen, Nationen, wie einige Übersetzungsvarianten lauten). Die Antwort des Apostels ist widersprüchlich: ja und nein. Auf der einen Seite haben sie tatsächlich einen immensen Vorteil, auf der anderen Seite nicht – es ist eine Frage der Betrachtung. Diese Perspektivwechsel machen den Römerbrief so schwer verständlich, geben ihm aber andererseits auch Tiefe.

Ich antworte: Du irrst, lieber Freund.
Der Vorteil ist groß – in jeder Hinsicht!
Zunächst, das Wichtigste:
Den Juden wurden Gottes Worte anvertraut.1

Im dritten Kapitel tritt der Dialog mit einem fiktiven Widersacher sehr stark hervor. Immer wieder Rede und Gegenrede. Dieser hauptsächliche Vorteil (im Grunde ist kein zweiter Vorteil klar genannt) fasziniert mich sehr. Der größte Vorzug ist es, Gottes Wort anvertraut zu bekommen. Es ist ein Vorzug zu einem Volk zu gehören, in dem Gott in seinem Wort gegenwärtig ist Amen!
Natürlich ist es die Aussage eines Theologen. Paulus war ganz sicher ein Mann des Geistes und der Bücher. Er outet sich als Intellektueller und die Liebe zum Wort durchweht seine Briefe. Dennoch ist das Wort nicht nur ein Vorzug für die Intellektuellen, es ist der Hauptvorzug des ganzen jüdischen Volkes – es für groß und klein, dick und dünn und schlau und dumm. Es ist für jeden Menschen ein Vorteil wenn Gott zu ihm spricht.
Auf der anderen Seite aber haben die Juden keinen Vorzug anderen Völkern gegenüber:

Wie steht es also?
Lasst mich ohne Winkelzüge
unmissverständlich antworten:
Wir sind nicht im Vorteil, wir Juden!
Nein, und nochmal, nein!
Und darum wiederhole ich:
Juden und Griechen stehen – alle! –
in gleicher Weise unter der Herrschaft der Sünde.2

Auch wenn sie das Wort Gottes haben stehen die Juden also genauso unter der Herrschaft der Sünde wie die Heiden. Der Besitz des Wortes befreit sie nicht vom menschlichen Hang das Gegenteil dessen zu tun, was Gott von ihnen will. Man kann das Wort haben und dennoch wie ein Ungläubiger leben. Leider gibt es das nicht nur im Judentum sondern genauso im christlichen Glauben und jeder anderen Religion. Religion macht keinen Menschen gerecht – jeder, ob Jude, Moslem oder Atheist braucht einen Erlöser.
Für die Juden war das sicher ein Schlag ins Gesicht. Sie verstanden sich ganz sicher nicht als ein Volk das unter der Herrschaft der Sünde steht. Für sich selbst waren sie Gottes Volk und alle anderen brauchten einen Erlöser, sie nicht. Paulus hat manche Fässer in seinen Briefen aufgemacht und sehr viele religiöse Gefühle verletzt. Manchmal muss das eben sein wenn man einen Menschen helfen will das Heil zu ergreifen.

[der Post wurde zu lang, deswegen habe ich ihn geteilt und der zweite Teil kommt übermorgen.]

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  1. Jens, Walter: der Römerbrief. Stuttgart: Radius-Verl. (Radius Bücher), S. 18 []
  2. Jens, Walter: der Römerbrief. Stuttgart: Radius-Verl. (Radius Bücher), S. 19 []

Ein Kommentar

  1. Erinnerung…

    Beim Aufgang der Sonne
    und bei ihrem Untergang
    erinnern wir uns an sie;

    Beim Wehen des Windes
    und in der K?lte des Winters
    erinnern wir uns an sie;

    Beim ?ffnen der Knospen
    und in der W?rme des Sommers
    erinnern wir uns an sie;

    Beim Rauschen der Bl?tter
    und in der Sch?nheit des Herbstes
    erinnern wir uns an sie;

    Zu Beginn des Jahres
    und wenn es zu Ende geht,
    erinnern wir uns an sie;

    Wenn wir m?de sind
    und Kraft brauchen,
    erinnern wir uns an sie;

    Wenn wir verloren sind
    und krank in unserem Herzen,
    erinnern wir uns an sie;

    Wenn wir Freude erleben,
    die wir so gerne teilen w?rden,
    erinnern wir uns an sie;

    So lange wir leben, werden sie auch leben,
    denn sie sind ein Teil von uns,
    wenn wir uns an sie erinnern.

    Aus den “Toren des Gebets”
    Reformiertes j?disches Gebetsbuch

    [Ehrlich gesagt kannte ich dies Gedicht bislang nicht.
    Ich las es eben auf Kimbas Blog].

    Hab außerdem irgendwo gelesen ihr seit gerade im Urlaub.
    Ich wünsche dir und Alex einen schönen Urlaub.
    Lieben Gruss
    Björne

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