So langsam nähern wir uns dem Ende von Barths kurzer Einführung in die evangelische Theologie. Mit der Vorlesung über den Dienst, haben wir das siebzehnte und zugleich vorletzte Kapitel erreicht. „Dienen“ ist ein oft genutztes Wort in der christlichen Szene. Man „dient“ am Wort, in der Gemeinde, dem Nächsten usf. Wer dieses Wort benutzen will muss damit rechnen missverstanden zu werden und kommt somit nicht um eine Definition herum. Beginnen wir also mit Barths Definition:

Theologische Arbeit ist Dienst. DIENEN ist, allgemein definiert: ein Wollen, Wirken und Tun, in welchem Einer nicht in eigener Sache und nicht nach eigenem Plan, sondern im Blick auf die Sache eines Anderen, auf dessen Bedürfnis und Verfügen und nach dessen Anweisung handelt – ein Tun, dessen Freiheit durch die Freiheit dieses Anderen begrenzt und bestimmt – ein Tun, dessen Ehre um so größer ist, je mehr es dem Täter nicht um seine eigene Ehre, sondern um die dieses Anderen geht.1

Dienst hat also etwas damit zu tun, sich selbst zurückzustellen, einen Moment nicht auf sich selbst sondern auf den Anderen zu schauen. Nicht so einfach. Tatsächlich glaube ich schon seit Jahren nicht mehr an die Reinheit der Motive. Wer mit dem Dienen darauf wartet, dass er völlig reine Motive hat, wird wohl bis zum Sanktnimmerleinstag warten. Dienst ist immer auch eine Entwicklung auf das Ideal hin. Wenn wir in Bewegung bleiben kann Gott uns korrigieren. Gott wird an unseren Motiven für den Dienst arbeiten und uns immer mehr von uns selbst reinigen.
Neulich habe ich einen interessanten Satz gehört. Leider weiß ich nicht mehr, wer ihn gesagt hat: „Ich traue keinen Leitern unter vierzig – die arbeiten noch zu sehr an ihrem eigenen Dienst und daran selbst groß zu werden.“ Ob das immer so stimmt sei einmal dahingestellt, aber ein Fünkchen Wahrheit ist darin enthalten: Wir brauchen eine ganze Weile um die Größe zu entwickeln die nötig ist um klein zu sein und anderen zu dienen.

Im heutigen Zeitgeist betrachtet ist dann seine Ansicht über die Bedeutung des Studiums ungewöhnlich:

Es dürfte darum – nebenbei gesagt – unweise, wenn nicht geradezu gefährlich sein, wenn der theologische Anfänger, statt in den wenigen, nicht wiederkehrenden Universitätsjahren gesammelt dem Studium als solchem nachzugehen, sich unruhig maikäfernd bereits in allerlei christliche Aktivitäten stürzt oder gar, wie es in gewissen Ländern üblich ist, mit einem Fuss schon im kirchlichen Amt steht.2

Heute stellen wir gerne die Praxis an die erste Stelle und viele würden deswegen am „maikäfern“ nichts Schlimmes finden. Für Barth ist die Theorie (so weit man von einem theologischen Studium überhaupt als „theoretisch“ sprechen kann) die Grundlage für eine gute Praxis. Offenbar führt gute Theorie zur Praxis und man wird kein guter Praktiker, wenn man die Zeit der Theorie überschlägt. Ich schwanke ob ich ihm Recht gebe oder nicht. Zwei Seelen schlagen, ach, in meiner Brust – einerseits ja: Man muss Zeit im Studium und dem Gebet verbringen; warum dann nicht gleich Jahre? Andererseits finde ich eine Verflechtung zwischen Theorie und Praxis, Studium und Dienst, ideal. Zu denken, dass man sechs Jahre studiert und dann nicht mehr ist falsch. (Barth denkt das auch nicht, aber diesen Gedanken treffe ich bei vielen an die Theologie studiert haben und dann erst mal keine Bibel mehr in die Hand nehmen.)

Ein drittes Zitat passt nicht recht in diese Trilogie, da es aber demselben Kapitel entstammt und es in seiner Aussage so fundamental ist, dass ich es Euch nicht vorenthalten will, bringe ich es gleich hier an:

Es versteht sich z.B. im Leben der christlichen Gemeinde nie von selbst, dass sie mit allen ihren Unternehmungen und Einrichtungen dem Worte GOTTES – dass also nicht etwa das Wort Gottes IHR und ihren Unternehmungen und Einrichtungen zu dienen hat.3

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  1. Karl Barth: Einführung in die evangelische Theologie, Seite 201 []
  2. Karl Barth: Einfürhung in die evangelische Theologie, Seite 204 []
  3. Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 208 []

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