24. Dezember 2010 0

Nachfolge 6

Das zweite Kapitel der „Nachfolge“ ist überschrieben mit „der Ruf in die Nachfolge“. Es bietet im Wesentlichen Auslegungen zu den Berufungsstellen in den Evangelien mit denen Jesus Menschen in seine Nachfolge rief. Bereits ganz zu Beginn, in der Berufung des Matthäus bringt Bonhoeffer den Punkt rüber, der für das ganze weitere Kapitel bestimmend ist und von verschiedenen Blickwinkeln aus beleuchtet und illustriert wird:

Die Antwort des Jüngers ist nicht das gesprochene Bekenntnis des Glaubens an Jesus, sondern das gehorsame Tun. (Seite 45)

Bonhoeffers ganzes Werk ist von dieser Einfalt der Nachfolge geprägt; das ist umso bedeutender als hier ein Intellektueller schreibt, der sich sicherlich von seinem Naturell her wesentlich leichter mit der Theorie tat als mit der Praxis. Desto größer das Verdienst, Nachfolge in dieser praktischen Weise zu verstehen und selber zu leben.
Viele Theologen können mit dieser unvermittelten Reaktion auf den Ruf Jesu nichts anfangen. Sie vermuten mehr dahinter, können sich vielleicht nicht in die Lage versetzen, selber so von Gott getroffen zu sein, dass sie alles stehen und liegen lassen würden um ihm nachzufolgen. So wird etwa die Lösung angeboten, dass Matthäus Jesus schon gekannt hatte und deswegen – aus einem Vorwissen heraus – bereit war, ihm zu folgen. Der Text sagt nichts darüber aus, aber es wäre schon seltsam diese Trumpfkarte bei jeder Berufung in die Nachfolge zu ziehen, der jemand unvermittelt folgte.
Im Grunde sagen derartige Ressentiment mehr über de Theologen aus als über die Bibel, die er auslegen will. Er kennt keinen Gott der den Menschen so ins Herz treffen kann, dass dieser ihm fraglos nachfolgt. Ich kenne keinen Grund mit einem Gott zu leben, der das nicht kann. Wie farblos und wenig faszinierend erscheint der „Gott“ einer solchen Theologie! Natürlich war etwas so ungeheuer Faszinierendes an diesem Jesus von Nazareth, dass Menschen bereist bei der ersten Begegnung bereit waren, alles einzutauschen gegen ein Leben der Nachfolge.
Der auferstandene Jesus ist nicht weniger faszinierend; er hat denselben Einfluss auch heute noch auf Menschen, die sein Wort hören.

Geistesgeschichtlich drängt sich die Frage auf, wann und wie die Nachfolge zu einer Bekenntnisfrage wurde. Bonhoeffer hat diese Frage bislang noch nicht zu beantworten versucht. Vielleicht ist sie auch eine der großen offenen Fragen des Protestantismus. Im Grunde gibt es aus den Evangelien keine direkte Verbindung zu der Auffassung, dass der Nachfolge genügt wird, wenn man seinen Glauben verbalisiert. Die logischste Verbindung ist bei Paulus:

„Denn wenn du mit deinem Mund Jesus als den Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, wirst du gerettet werden. 10 Denn mit dem Herzen glaubt man und wird gerecht und mit dem Mund bekennt man und wird gerettet. (Römer 10,9-10 nach Herder)

Wir dürfen an dieser Stelle nicht den Fehler machen, Jesus durch Paulus auszulegen. Umgekehrt ist es richtig: Jesus Christus ist das perfekte Abbild Gottes und alles, auch Paulus, muss durch ihn ausgelegt werden. So verstanden kann man nicht sagen: „Was Jesus meinte ist das Bekenntnis“, sondern muss nach der Nachfolge bei Paulus suchen. Die findet man ihm ebenso wie es in einem vorangegangenem Post über Luther anklang, in seinem Leben.
Seine Nachfolge Jesu war absolut konsequent, egal, wie hoch der Preis war (letztlich zeigt uns die Kirchengeschichte, dass er auch den höchsten Preis gezahlt hat und als Märtyrer starb). Auch in seiner Theologie findet man die Nachfolge: In seinem Konzept vom Leben im Geist, der Taufe und einem Wandel, der sich der göttlichen Berufung als würdig erweist.

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